Ich räumte Steine aus dem Weg –
und dann überrollten sie mich

Eine Roman-Satire

Edgar van der Sel, Schardt Verlag, ISBN 978-3898414173, 476 Seiten, nur noch im Antiquariat
Aktuell als Kindle bei BookRix, Dateigröße 1133 KB

Mit Unterstützung von Annette Piechutta

1. Der Inhalt

Edgar Gembus, wie er einmal hieß, beugt sich nicht. Druck ist ihm zuwider. Zuerst der Druck seines Vaters, einmal Gärtner zu werden – wie er –, später der Druck der Herz-Jesu-Patres, zu beten, zu lernen, zu schweigen. Auch der Druck des Kreiswehrersatzamtes zur Wehrpflicht gefällt ihm nicht, und schon gar nicht der Druck seiner späteren Vorgesetzten, zu funktionieren ohne Widerspruch. Er begreift schnell, arbeitet schnell, langweilt sich schnell. Wenn er etwas nach der gleichen Methode zweimal gemacht hat, sucht er nach neuen Herausforderungen. Er arbeitet als Koch, Taxifahrer, Spießbrater, Kneipier, Getränkehändler und wird dann doch aus einer Lust heraus Gärtner. Er eröffnet eine eigene Gärtnerei, einen Blumenstand und als er Insolvenz anmelden muss, weil das Soll nicht mit dem Haben im Einklang steht, wird er Lehrer für Botanik, macht den Omnibusführerschein, tüftelt an einem der ersten Atari-Computer ein „todsicheres“ System für Spielbanken aus, gewinnt und – verliert.
Langeweile ist sein größter Feind, Sprachen faszinieren ihn und die Länder, in denen diese gesprochen werden. Und dann wären da noch die Frauen, die seinen oft quälerischen Drang zu freier Entfaltung erotisch finden.
Seine Ideen treiben ihn an und die Angst, etwas zu verpassen, dabei hat er ein instinktives Gespür, wo das Geld liegt. Als er sich aus einer Not heraus entschließt, als Unternehmensberater nach Holland zu gehen, scheint es zuerst, als läge das Geld dort auf der Straße. Aber die Straße ist nur ein getarnter Abgrund, denn er fällt in ungeahnte Tiefen.

2. Der Autor

Edgar van der Sel, 1946 in Niederbayern geboren, lebte in Deutschland, Österreich, Schweden und den Niederlanden. Er spricht elf Sprachen, arbeitet als Unternehmensberater und Personalvermittler und hat seinen Wohnsitz in der Schweiz. Mit diesem Buch erzählt er sein Leben.

3. Der Focus des Buches

Der Erfolg des Protagonisten besteht darin, immer genau dann seine Fähigkeiten einzusetzen, wenn sie gefragt sind. Dabei weiß er oft nicht einmal, dass er diese Fähigkeiten hat. Nur sein Wille treibt ihn und die nächste Herausforderung – dabei riskiert er alles, um sein Ziel zu erreichen. So zieht er durchs Leben und lässt eine Spur aus Erfolgen und Scheitern zurück. Was bleibt, ist ein dynamischer Mann mit ungezähmten Träumen, der sich dem Leben stellt. Lachend, mit dem Herz am richtigen Fleck – und jeder Menge Schrammen.

4. Prolog

Es geschah an einem Montagmorgen. Ich lag neben Alice im nachtwarmen Bett und lauschte den Sätzen, die sie mit leiser, noch bebender Stimme sprach, beobachtete ihr Gesicht, die Röte ihrer Wangen und ihre Augen, die matt leuchteten. Ich war am Abend zuvor aus Deutschland gekommen, jetzt war Holland für fünf Tage meine Heimat, und zum Auftakt liebten wir uns – wie immer.
Alice hatte Vergnügen am Liebesspiel, des Aktes wegen, sie war eine selbstbewusste, intelligente und attraktive Frau. Wir waren ein Paar und doch wieder nicht, weil …
Es klingelte Sturm.
Alice sprang auf, zog ihren seidenen Morgenrock über. „Halb acht, wer kann das sein?“
Im langen Wandspiegel beobachtete ich, wie sie nervös durch ihr volles Haar strich. Wieder klingelte es wie verrückt.
Einen Moment lang atmete ich nicht. Dann wälzte ich mich auf die Seite und stand in geduckter Haltung auf. Ich lauschte jedem Atemzug, während ich mit eingezogenem Kopf zum Fenster schlich.
Alice presste eine Schulter gegen die Wand, bewegte ihren Kopf ein klein wenig nach vorne, gerade genug, um durch das Fenster zwei Männer zu entdecken, die im Fliederbusch lauerten.
Normalerweise war ich schnell von Begriff, doch in diesem Moment begriff ich gar nichts. Ich wollte mich gerade darüber amüsieren, da klingelte es so unbarmherzig schrill, dass Alice die Finger gegen ihre Schläfen drückte und begann, sie zu massieren. „Das ist unerträglich. Ich mache auf!“
Alice war eine mutige Frau. Sie hatte keine Angst, jung zu sterben. Aber ich. „Alice, bleib hier!“, rief ich, zog mir hastig eine Hose über und wünschte, der Lärm würde aufhören. Da geschah es. Ein Schrei füllte das Haus, den Vorplatz, mein Inneres. Ich dachte zuerst, es wäre ein räuberischer Überfall. Aber es war ein dumpfer, empörender Schrei. Es war Alice, die sich gegen die Haustür stemmte, die von einem Männerfuß blockiert wurde.
Ich war aus dem Schlafzimmer getreten und rannte jetzt die Treppe hinunter. Etwa in der Mitte blieb ich stehen. Ein langer, dürrer Mann war zuerst in die Wohnung gekommen, dann sein Begleiter, glatzköpfig und grimmig schauend wie er. Ich erinnere mich an laute Schritte und sich überschlagende Stimmen, und dann war das Haus voll mit mindestens zwölf Mann, die im Busch und vor der Tür nicht mitgezählt.
„Es geht um 1,8 Millionen“, sagte der Glatzköpfige und hielt einen Ausweis in die Luft.
Gulden oder D-Mark, dachte ich und für einen Augenblick fand ich mein Gleichgewicht wieder. Dann aber sah ich den Triumph in seinem Blick und wusste, ich saß in der Falle.
Ich roch meine Angst. Es war ein Geruch aus Unverständnis, Verzweiflung und Zorn. Wieso 1,8 Millionen? Um was ging es eigentlich?
„Kriminalpolizei“, raunte Alice. Gerade hatte ich sie noch geliebt und jetzt zitterte sie – nicht aus Begehren, ihre Nerven lagen blank. „Wir packen hier alles ein und dann kommen Sie mit!“, rief eine Stimme.
„Können wir uns nicht was anziehen?“, fragte ich, mir fiel nichts anderes ein, nur mein nackter Oberkörper und die Hose, die offen stand.
Der Lange machte eine Handbewegung nach oben und orderte zwei Männer ab, um uns zu begleiten. Ich stand schon wieder unten, jetzt mit geschlossener Hose, weißem Hemd und Krawatte, da kam Alice die Treppe herunter, ordnete mit einer Hand ihre flüchtig zugeknöpfte Bluse, nestelte an ihrem Kostüm und stellte sich neben mich.
Vor einer Glasvitrine stehend, die mein Gesicht widerspiegelte, hatte ich plötzlich das Gefühl, mein Leben wäre verloren. Ich war umringt von Menschen und fühlte mich so einsam, wie niemals zuvor. Ich musste pinkeln, traute mich aber nicht, den Langen zu fragen, der Anweisungen gab: „Die Unterlagen dort hinten … und schaut, ob ein Tresor da ist … Na, da haben wir aber einen dicken Fisch.“
Dieses Zusammentragen von Akten, Papierfetzen und Belegen, dieses Reißen an Toilettenrollen, Wandkalendern und Notizblöcken waren dreißig Minuten meines Lebens, die aus mir einen entsetzten, den Tränen nahen Mann machten. Ich gestikulierte mit den Armen, presste die Hände vors Gesicht und sah die Trümmer meines Lebens über mir zusammenstürzen. Meine Knie knickten ein, mein Körper fiel und ein Arm mühte sich ab, mich zu halten.
„Alice“, murmelte ich – und doch war mir, als stünde mein toter Vater über mich gebeugt.

5. Lesermeinungen

Ich räumte Steine aus dem Weg
Das Buch „Ich räumte Steine aus dem Weg, und dann überrollten sie mich“ von Edgar van der Sel ist das Großartigste, was ich in letzter Zeit gelesen habe. Man hat von Anfang an den Eindruck von Ehrlichkeit, und man kann nicht mehr aufhören zu lesen. Edgar van der Sel schildert sein bewegtes Leben in vorzüglicher Weise, sehr schön und spannend geschrieben. Endlich mal ein Buch mit Bezug zur Realität. Man kann sich voll in den Autor hineinversetzen. Die Story ist eigentlich unglaublich, man hat aber immer das Gefühl der Wahrheit. Das Buch dient außerdem als Reiseführer für die halbe Welt ohne touristische Spielereien, als Kochbuch für Rezepte aus vielen Ländern und als Anregung, all das selbst zu erleben.

Spannend und anregend zum Nachdenken
Ein Buch, spannend, und zugleich stimmt es jeden doch ein wenig nachdenklich. Eine unglaubliche Story – einzigartig aufbereitet – spannend bis zur letzten Seite! Sie benötigen kein Lesezeichen für dieses Buch, denn Sie werden es nicht weglegen können. Ergreifend, mitfühlend, spannend, kopfschüttelnd, fast unglaubwürdig und doch mitreißend, wie der Autor diese Story darstellt.

Ein wunderbares Buch
Mit dem Protagonisten, der übrigens mutigerweise den Namen seines Autors trägt, beschreitet der Leser einen aufregenden und außergewöhnlichen Lebensweg.
Nicht nur die Karriere, sondern auch die privaten Wege von Edgar zeichnet der Autor gut umschrieben auf. Es ist möglich, diese Lektüre als das zu nehmen, was sie ist, eine Romansatire; doch dient sie auch als Reiseführer, als Kochbuch sowie als Lehrbuch über Pflanzen oder für waghalsiges Business.
Edgar ruft eine Vielzahl an Gefühlen hervor: Mitleid, Hass, Wut, Ratlosigkeit, Sorge sowie Begeisterung, Verständnis, Lust, Freude und vielleicht sogar Neid auf so ein berauschendes Leben. Ich hoffe auf eine baldige Fortsetzung!