Geschafft - mein Sieg über die Tablettensucht

Christin Andersen mit Annette Piechutta, Erfahrungsbericht, Kreuz Verlag, ISBN 978-3-7831-3230-4, 160 Seiten, EUR 14,95

Mit Geleitworten von Professor Dr. med. Christian Haasen und Dr. med. Rainer Herbig

1. Der Verlag schreibt über das Buch

Das geheime Leiden Tablettensucht

  • Rund 1,5 Millionen Deutsche sind abhängig von Medikamenten
  • Ein authentischer Bericht, packend zu lesen
  • Für Betroffene und Menschen in ihrem Umfeld

Christin hat zehn Jahre Tranquilizer genommen. Als Model führt sie ein nach außen glanzvolles Leben, verkehrt in mondänen Kreisen, in den verschiedensten Gegenden der Welt. Doch Ängste und Selbstzweifel lassen sie in eine schleichende Abhängigkeit geraten. Mit großer Offenheit erzählt die Autorin die Geschichte ihrer Tablettensucht: Mit all ihrer Einsamkeit, ihrer Scham und der Erleichterung, die die Pillen geben. Sie schafft den Entzug, findet wieder zu sich und versöhnt sich mit ihrer Geschichte.
Ein persönlicher Erfahrungsbericht, der Abhängigen wie Gefährdeten Mut macht, sich zu bekennen. Denn es gibt den Weg zurück ins Leben.

2. Die Autorin schreibt in einem Anhang

Das Medikament, das mich abhängig machte, ist ein Segen – in Ausnahmesituationen. Ich möchte das an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen. Es ist ein Fluch, wenn Ärzte das Präparat leichtfertig verschreiben und nicht auf eine Abhängigkeit, die in der Regel schon nach drei Wochen auftreten kann, ausdrücklich hinweisen. Abhängige Menschen kennen eine Menge Tricks, um sich Psychopharmaka zu verschaffen. Hier sind neben den Ärzten die Abrechnungsstellen und Krankenkassen gefragt. Hat denn keiner bemerkt, wie viele Tausende von Tabletten ich im Laufe der Jahre geschluckt habe? Nein, ich will die Verantwortung nicht von mir weisen, doch damals war ich kein mündiger Patient. Ich lebte in einer Ausnahmesituation. Heute erst trage ich in vollem Bewusstsein die Verantwortung für meinen Körper und meine Seele, bin mündig geworden.
„Ich bin froh, dass Sie das überstanden haben“, sagte einmal Professor H. zu mir. Er meinte damit den kalten Entzug. In den meisten Therapiezentren wird auf „Ausschleichung“ gesetzt, einen Prozess, in dem am Ende einer Therapiephase die Dosis eines Medikaments schrittweise und über einen längeren Zeitraum reduziert wird, sodass schließlich darauf verzichtet werden kann. Dadurch werden Entzugserscheinungen weitgehend vermieden und es kann beobachtet werden, wie der Patient auf die Umstellung reagiert und ob sich sein Gesundheitszustand verändert.
Ich bin auch froh, dass ich „das“ überstanden habe, und ich möchte allen (noch) Abhängigen raten: Erkennt die Sucht, benennt sie und lasst euch helfen, die Abhängigkeit zu bezwingen.

3. Presseartikel Buchvorstellung

Fuldaer Zeitung vom 2. April 2009. Redakteurin: Christiane Hartung
Ein Weg aus der Sucht
Annette Piechutta schrieb über eine Tablettenabhängige

Petersberg – Über zehn Jahre lang nahm die Frau, die unter dem Pseudonym Christin Andersen schreibt, täglich drei Tabletten. Mit diesen beruhigte sie ihre Psyche, trieb aber immer tiefer in die Sucht. „Die Tabletten waren mein Allheilmittel: gegen Kopfschmerzen, Ängste, Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und körperliche Probleme. Jedes weitere Medikament auf dem Markt fand ich überflüssig“, gesteht sie in ihrem Buch, das die Hamburgerin unter Pseudonym zusammen mit der Petersberger Ghostwriterin Annette Piechutta geschrieben hat.
Ihr Leben erscheint wie ein Märchen: Sie wurde Friseurin und Dolmetscherin, lebte in der Schweiz und in Hamburg. Mit ihrem Mann ging sie nach Südamerika, wo sie 1968 als Fotomodel entdeckt wurde. Es folgen Jahre in L. A. und die Rückkehr mit ihrer Familie nach Hamburg. Andersens glanzvolles Leben wurde immer wieder von Selbstzweifeln und Ängsten überschattet. Die eigene Krebserkrankung und der Tod der Mutter stürzten sie in eine tiefe Depression und letztlich in die Medikamentenabhängigkeit.
In ihrem unterhaltsamen Werk berichtet die Autorin offen, wie es dazu kam, dass sie zu den Tabletten griff. Sie erzählt über ihren schweren und langen Weg aus der Sucht, und wie sie sich wieder ein normales Leben mit ihrer Familie erkämpfte. Die Grundlage für den Roman bildet das Tagebuch Andersens, das sie während des Entzuges aus therapeutischen Gründen zu schreiben angefangen hat. Sowohl während, als auch nach dem Entzug war es für sie eine Stütze, um nicht auf ihre Medikamente zurückgreifen zu müssen. Denn immer wieder war die Versuchung groß, einfach Medikamente zu schlucken. „Aber dann holte ich die Erinnerung jener Frau zurück, die ich einmal war, die Frau, die geliebt, gekämpft und erfolgreich gewesen war – ohne Tabletten. Und diese Frau wollte ich wieder sein, koste es was es wolle“, schreibt Andersen.
In einem sachlichen Anhang geben die Autorinnen zudem Betroffenen und deren Angehörigen Tipps, wie man Suchtpotenzial erkennt und wo man Hilfe finden kann.

4. Buchempfehlung von Angelika Nette

Referentin Büro für Suchtprävention, Hamburg, Mai 2011
Geschafft- mein Sieg über die Tablettensucht, ein Erfahrungsbericht

Das Buch ist sehr lesenswert: Die Autorin beschreibt konkret und eindrucksvoll ihren Weg in eine Medikamentenabhängigkeit (benzodiazipinhaltige Beruhigungsmittel). Anlass für den Konsum war, wie bei vielen Konsumenten, eine hohe psychische Belastungssituation im familiären Bereich, gekoppelt mit einer dauerhaft, an die Substanz gehenden Erschöpfungssituation, aufgrund lebensbedrohlicher Erkrankungen. Die Erfahrung, dass ein notwendiger „Rückzug“ aus krankmachenden Beziehungsgefügen „am besten“ mittels einer anfänglich nur „halben“ Tablette gelingt, ebnet den Weg in einen alltäglichen Gebrauch eines benzodiazipinhaltigen Beruhigungsmittels. Als sich bereits eine Medikamentenabhängigkeit aufgrund massiver Eintzugssymptome abzeichnet, ist die Empfehlung einer der Ärztinnen: „Ich habe Ihnen doch ausdrücklich gesagt, Einnahme der Tabletten nur bei Bedarf!“ Was aber kennzeichnet einen „echten“ Bedarf aus?
Der hartnäckigen und konsequenten Intervention eines Krankenhausarztes ist zu verdanken, dass sich die Autorin dann in eine Entzugsklinik begibt. Dem gehen tiefe Schuld- und Schamgefühle voraus, sich als „süchtig“ zu begreifen, und daraus entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Von den Folgen eines „kalten“ Entzugs gezeichnet, nimmt die Autorin sehr mutig ihren Weg in die „Normalität“ des Alltags auf.
Anschaulich wird in diesem Buch die Beschreibung des Weges in und aus der Sucht skizziert. Die beiden Geleitworte von Dr. Haasen und Dr. Herbig beschreiben aus fachärztlicher Perspektive den Prozess der Genesung, und geben somit wertvolle Hinweise für Betroffene, Angehörige und Fachkolleg/innen. Im Anhang sind zudem wertvolle und wichtige Hinweise und Adressen für Betroffene und Angehörige enthalten.
Das Buch sollte sowohl in Fachkliniken als auch in Beratungsstellen als „mutmachende“ Lektüre ausliegen. Aber auch für Ärzt/innen ist dieses Buch sehr zu empfehlen, gibt es doch sehr wichtige Impulse, das eigene Verordnungsverhalten kritisch zu reflektieren.

5. Lesermeinungen

Erfrischend. Mut machend. Wärmend
Ich habe gelacht, ich habe geweint. Ich habe bewundert, ich habe verurteilt. Ich habe gestaunt. Ich habe gelernt … Am Ende habe ich das Buch zugeklappt, mich mit Gänsehaut am ganzen Körper zurückgelehnt und gedacht: „Wow! Wie viel kann ein Mensch ertragen und mit welch bewundernswerter Liebe zum Leben und zu seinen Mitmenschen kann er es nicht nur (er)tragen, sondern mit vollem Einsatz gestalten und zu einem Besseren machen?“
Christin Andersen erzählt in ihrem autobiografischen Buch die Geschichte einer Frau, die es trotz schweren Schicksalsschlägen mit Hilfe von Beruhigungstabletten, doch vor allem der Erkenntnis zur Sucht und letztendlich dem Entsagen schafft, ihren Weg zurück ins Leben zu finden. Beginnend in der Zeit des kalten Entzugs in einer klinischen Einrichtung, zurückblickend auf ihre spannende, mondäne Vergangenheit, bis in die Gegenwart, in der sie heute über all ihre Schicksalsschläge mit erfrischender Offenheit und Humor sprechen kann, die einem bei der Thematik/Dramatik der Geschichte beim Lesen immer wieder ein bewunderndes Lächeln/Kopfschütteln bereiten, begleitet der Leser Frau Andersen auf dem Weg durch ihr Leben.
Auch wenn es der geneigte Leser hin und wieder zwangsläufig tut, Frau Andersen ihrerseits verurteilt in ihrem Buch nichts und niemanden. Immer, wenn man denkt: „Wie kann man diesen liebenswerten Menschen nur so behandeln!“, „Warum wurde ihr gegenüber alles so verharmlost?“ oder mitfühlend: „Wie viel kann ein einzelner Mensch eigentlich ertragen?“, zieht die Autorin ihre Lehren und ihren Sinn aus eben jenen Dingen und kehrt sie für sich ins Positive um. Christin Andersen zeigt, dass man Menschen und die eigene Vergangenheit nicht ändern kann. Man kann sich allerdings selbst ändern, soziale Kontakte akzeptieren, wie sie nun mal sind, Verhältnisse harmonisieren, aus Erfahrungen lernen, seine Spiritualität entdecken und ein glückliches, erfülltes Leben führen. Und das bei vollem Bewusstsein und ohne die „Krücken“, wie die Autorin ihre Tabletten nennt, die sie durch einen großen Teil ihres Lebens begleitet haben und letztendlich fast zerstört hätten.
Manchmal hat man den Eindruck, sich in einem Roman zu befinden. So viel Dramatik in einem Sachbuch ist eher unüblich. Frau Andersen hat diesen Drahtseilakt bemerkenswert gut gemeistert. Trotz der Ausflüge an Orte quer über den Erdball und Einblicke in ein ereignisreiches Leben, verliert die Autorin nie den Faden zur kausalen Thematik.
Ich bin 29 Jahre alt und habe selbst vor Kurzem einen Tablettenentzug durchgemacht. Daher konnte ich mich in vielen Situationen wiedererkennen und aus den Erfahrungen, die Frau Andersen gemacht hat, lernen und für mich einen Sinn ziehen. Das Buch ist meiner Meinung nach allerdings nicht nur themenspezifisch zu empfehlen. Ich möchte es jedem nahelegen, der sein Herz ein wenig wärmen und von einer bemerkenswerten Frau eine großartige Geschichte erzählt bekommen möchte.

Ein absolutes Lesevergnügen trotz schwierigem Thema
Allen genügen, alles richtig machen, wer kennt das nicht? Dass dies auch in Sucht ausarten kann … Eine Frau erkennt ihren Weg, er ist nicht so spektakulär, wie ihr Weg aus der Sucht. Einblicke in das Schicksal einer interessanten Frau, ein Stück gelebte Geschichte, nuancenreich, mit leichter Feder sprachlich elegant umgesetzt. Auch für Nichtbetroffene ein absolutes Lesevergnügen.